Carl Orff Carmina Burana

Carl Orff Carmina Burana

„Wer nicht liebet Wein, Weib und Gesang, der bleibt ein Narr sein Leben lang!“
Diese Martin Luther zugeschriebenen Worte haben wir uns zu Herzen genommen und wollen heute mit der Aufführung der Carmina Burana das Leben feiern!

Die „Carmina Burana“ (lateinisch für Beurer Lieder oder Lieder aus Benediktbeuern) ist der Name einer Sammlung von 254 mittellateinischen, seltener mittelhochdeutschen, altfranzösischen oder provenzalischen Lied- und Dramentexten, die 1803 in der Bibliothek des Klosters Benediktbeuern gefunden wurde. Die Texte wurden im 11. und 12. Jahrhundert (einige auch erst im 13. Jahrhundert) von zumeist anonymen Dichtern verfasst. Dabei handelte es sich überwiegend um Wanderprediger, die in Klöstern erzogen und ausgebildet wurden, dort aber nicht bleiben durften. Nun zogen sie von Kloster zu Kloster, erlebten Abweisungen und mussten mit ihren Auftritten als Prediger, Dichter und Sänger über die Runden kommen.

Die Carmina sind dadurch auch ein Spiegelbild der damaligen Gesellschaft, sie erzählen vom Leben im geistlich geprägten Mittelalter, in dem allerdings auch das klösterliche Leben bei weitem nicht so puristisch ablief, wie man meinen sollte.
Wir haben uns entschieden, die Musik Orffs heute in der Kirche zu musizieren. Auch wenn es sich um weltliche Texte handelt, ist es insgesamt ein Werk, das mal nachdenklich, mal begeistert über unser menschliches Leben berichtet, das uns so, wie es ist, von Gott geschenkt wurde.
Ursprünglich als musikalisch-szenisches Ballett konzipiert, wird die Carmina heutzutage meist – wie auch heute – konzertant aufgeführt.

Vorangestellt sind zwei instrumentale Kompositionen, die beide Seiten, das Geistliche und das Weltliche, ins Spiel bringen.

Carmina Burana

Text von Carl Orff (1979)

Fortuna hatte es mit mir gut gemeint, als sie mir einen Würzburger Antiquariatskatalog in die Hände spielte, in dem ich einen Titel fand, der mich mit magischer Gewalt anzog: Carmina Burana.
Lateinische und deutsche Lieder und Gedichte einer Handschrift des XIII. Jahrhunderts aus Benediktbeuern herausgegeben von J. A. Schmeller.
Diese Handschrift hatte sich im Kloster Benediktbeuern befunden, ehe sie im Zuge der Säkularisierung der bayerischen Klöster nach München in die Königliche Hof- und Zentralbibliothek kam. Ihren Namen Carmina Burana – Lieder aus Benediktbeuern – erhielt sie von ihrem Herausgeber, dem hochverdienten Bibliothekar Johann Andreas Schmeller, der sie im Jahre 1847 erstmals veröffentlichte. An dem für mich denkwürdigen Gründonnerstag 1934 erhielt ich das Buch. Beim Aufschlagen fand ich gleich auf der ersten Seite die längst berühmt gewordene Abbildung der „Fortuna mit dem Rad“. Darunter die Zeilen: O Fortuna – velut luna statu variabilis …
Bild und Worte überfielen mich. Obwohl ich mich fürs erste nur in groben Zügen mit dem Inhalt der Gedichtsammlung vertraut machen konnte, stand sofort ein neues Werk, ein Bühnenwerk mit Sing- und Tanzchören, nur den Bildern und Texten folgend, in Gedanken vor mir. Noch am selben Tag hatte ich eine Particell-Skizze vom ersten Chor „O Fortuna“entworfen.

Nach einer schlaflosen Nacht, in der ich mich in der umfangreichen Gedichtsammlung fast verloren hätte, war auch ein zweiter Chor „Fortune plango vulnera“ entstanden, und am Ostermorgen war ein dritter, „Ecce gratum“, zu Papier gebracht. Es war nicht leicht, sich in dem Codex mit über 250 Liedern und Gedichten zurechtzufinden. Die meisten waren in spätlateinischer Sprache verfaßt; es gab aber auch eine größere Zahl in Mittelhochdeutsch, dazu Mischformen von lateinischen Texten mit altfranzösischen Einsprengseln oder Refrains. Eine große Zahl kürzerer lateinischer Texte war leicht zu lesen, wogegen andere mit dreißig und mehr Strophen nicht so einfach zu überschauen und zu entziffern waren. Michel Hofmann, der geschichts- und sprachkundige Archivrat, war mir dabei behilflich.
Ich wusste wohl, daß verschiedene der Gedichte in der Originalhandschrift neumiert (mit musikalischer Notation versehen) waren, aber ich konnte und wollte keine Studie über die mögliche Erschließung dieser alten Notenschrift betreiben und ließ sie völlig unberücksichtigt. Was mich bewegte, war ausschließlich der mitreißende Rhythmus wie die Bildhaftigkeit dieser Dichtungen und nicht zuletzt die vokalreiche Sprache und einzigartige Knappheit der lateinischen Sprache. Zusammen mit dem Text wuchs die Musik schnell heran. Nur der lateinische Text machte einigen (vom Verlag) noch Sorgen; auch bedauerte man, daß das Werk nicht abendfüllend war.

War die Musik der Carmina Burana auch schnell entstanden, so kam ich doch, durch immer wieder dazwischen anfallende Verpflichtungen gehindert, mit der Ausarbeitung der Partitur nur langsam voran. Erst im Frühjahr 1935 konnte ich Teile davon fertigstellen und im August 1936 den Schlussstrich unter die Reinschrift ziehen.

Carl Orff Carmina Burana

Carl Orff Carmina Burana

“Da sind nur du und deine Kamera. Die Grenzen deiner Photographie liegen in dir selbst, denn was wir sehen, ist was wir sind.”

 

Ernst Hass

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